18. Oktober: EU-Tag gegen Menschenhandel

Der Weg in die moderne Sklaverei

In der Europäischen Union sollen etwa 900.000 Personen von moderner Zwangsarbeit betroffen sein. Diese Zahl erscheint angesichts der Einwohnerzahl von Europa (512,6 Millionen) eher geringfügig, ist aber dennoch nicht zu akzeptieren, denn jeder davon betroffene Mensch ist einer zu viel! Zwangsprostitution und Zwangsheirat scheinen die meist verbreitetsten Ausformungen, doch ist die Arbeitsausbeutung in vielen Bereichen und Branchen eine zunehmende Form modernen Menschenhandels und Sklaverei. Besonders die Landwirtschaft, die Gastronomie und das Hotelgewerbe zählen dazu, aber auch die Fleisch verarbeitende Industrie und das Bau – und Bau-Nebengewerbe. Aber auch in privaten Haushalten oder in der häuslichen Pflege kommt es gehäuft zu Zwangs- und Ausbeutungssituationen.

Als modernen Sklaven bezeichnet die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) Menschen, die sich unter Strafandrohung und oder Gewalt (auch gegen Familienmitglieder) in Zwangsarbeit befänden, bzw. dieser Situation aus eigener Kraft nicht freiwillig entfliehen können, weil ihnen etwa der Pass abgenommen wurde. Allerdings erfüllen nicht alle Fälle von Menschenhandel oder Zwangsarbeit das, was direkt mit dem Begriff der Sklaverei verbunden ist, sagen Experten. Oftmals gehe es vielmehr um „Ausbeutung unter Einsatz von Zwangs- und Täuschungsmitteln“, was für die davon Betroffenen aber sicher auch keine gewollte Lebensperspektive darstellt.

Blickt man etwa nach Rumänien, so erfolgen dort immer wieder Anwerbeversuche für angebliche Heiraten im westlichen Ausland. Wer sich darauf einlässt, gerät meist unverzüglich in die Hände von Zuhältern. Hier werden die Mädchen schnell zur „billigen Ware“, wobei der Preis für ein Mädchen meist zwischen 500 und 2000 Euro liege. Dies ist auch einer der Gründe, warum diese dann sehr oft ihren „Besitzer“ wechseln und sich dadurch deren Spuren sehr rasch verlieren. Gleichzeitig werden die Opfer solcher Menschenhändler, die häufig auf dem Straßenstrich arbeiten müssten, immer jünger. Nicht selten drängten arme Familien ihre minderjährigen Töchter und Frauen selbst ins Rotlichtmilieu. Die Armut ist generell ein guter Nährboden für Ausbeutung in vielerlei Hinsicht. Und ein perfektes Geschäft für jene, die davon leben. Immerhin wird geschätzt, dass kriminelle Banden rund 25 Milliarden Euro jährlich in Europa mit diesem Geschäftszweig erwirtschaften – Tendenz steigend.

Nicht viel besser schaut es auf dem Arbeitsmarkt aus, wo sog. Agenturen „billige Arbeitskräfte“ vermitteln. Diese werden von diesen Agenturen ebenso mit tollen Versprechungen angeworben und nachher auch „bezahlt“. Den wahren Lohn stecken die Agenturen ein und nur ein geringer Teil erreicht dann auch die wirklich Arbeitenden.

Auch aus Afrika und dem Nahen Osten geraten immer mehr Menschen in die Fänge der Menschenhändler. Was es wirklich bedeutet, € 5000.- bis € 8000.- für einen Schlepper aufzubringen, wenn der Monatsverdienst bei ca. € 100.- liegt, kann oder besser will sich hier wohl niemand wirklich vorstellen. Dass hier nicht nur einzelne Personen, sondern ganze Familien Opfer werden, liegt somit auf der Hand. Kaum eine Frau, die es durch die Sahara nach Nordafrika geschafft hat, wurde nicht vergewaltigt bzw. musste anderen zu irgendwelchen Zwecken zu Diensten sein. Ähnliches gilt auch für manche Lager in denen syrische Flüchtlinge eine „Bleibe“ gefunden haben. Catherine Bearder, Abgeordnete zum Europaparlament, sagt: „Durch die Flüchtlingskrise besitzt das Problem des Menschenhandels noch höhere Relevanz. Wir müssen in ganz Europa alles dafür tun, um die tausenden und abertausenden unbegleiteten und schutzbedürftigen Minderjährigen, die einem besonderen Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Menschenhändlern zu werden, und die nur allzu leicht „verschwinden“, zu beschützen.“ Doch auch in vermeintlich sicheren Einrichtungen kann es zu Übergriffen kommen, wie erst Anfang dieses Jahres aus Schweden bekannt wurde. Schweizer Journalisten deckten auf, dass in der schwedischen Stadt Örnsköldsvik drei weibliche Angestellte eines Flüchtlingsheims ihren Job aufgeben mussten. Sie waren der intimen Beziehungen mit unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern überführt worden. Damit war etwas ans Licht gekommen, das man nicht länger als unbedeutende Häufung von wenigen Einzelfällen abtun konnte. Auch der schwedische Staatssender SVT berichtete davon. Auch in deutschen Quartieren soll es zu ähnlichen Vorfällen gekommen sein.

Europa ist stolz auf seine Errungenschaften und seine sozialen Standards, doch allzu oft schaut ein Teil Europas geflissentlich weg von dem Elend und der Pein – hat wenig bis nichts aus der eigenen Geschichte gelernt. Anstatt endlich funktionierende Konzepte auszuarbeiten, hat man Angst gute Geschäfte oder Wählerstimmen bei der nächsten Wahl zu verlieren. Damit werden die Probleme nicht gelöst, sondern nur auf die lange Bank geschoben oder gibt dem Rechtspopulismus Nahrung – und auf der Strecke bleiben unzählige Menschenschicksale.

Der 18. Oktober ist ein Tag, an dem sich jeder Mensch in Europa über dieses Verbrechen Gedanken machen sollte und vielleicht auch, wie sehr man selbst, ob gewollt oder ungewollt, zu Handlangern dieses Geschäfts mit der Ware Mensch wird. Dieser Link gibt Dir/Ihnen eine Antwort auf diese Frage.

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