2. Dez.: Internationaler Tag für die Abschaffung der Sklaverei

Im Jahr 1949 gedachte die UNO das erste Mal an den „Internationalen Tag für die Abschaffung der Sklaverei“. Dieser sollte fortan daran erinnern, dass dieses dunkle Kapitel der menschheit endlich vorbei wäre. Aber ist das die Realität?

Der Artikel 4 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO“ von 1948 besagt: „Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel sind in allen ihren Formen verboten.“ Das war nicht das erste Verbot der Sklaverei, zu dem sich Staaten bekannten. Großbritannien schaffte die Sklaverei in den indischen Kolonien bereits 1761 ab. Auf dem Wiener Kongress drängte man 1815 auf ein grundsätzliches Verbot des afrikanischen Sklavenhandels. Erst 1834 erklärte der „Slavery Abolition Act“ alle Sklaven im britischen Kolonialreich für frei. In Frankreich wurde die Sklaverei zwar 1794 in der Französischen Revolution verurteilt, allerdings erst 1848 in der Zweiten Republik als Verbot verfassungsmäßig festgeschrieben. Ein weiterer Meilenstein war die 1855 erfolgte Ratifizierung des 13. Zusatzes zur US-amerikanischen Verfassung, durch die die Sklaverei formell verboten wurde. Dennoch existierten Abkommen, die den europäischen Mächten den Einsatz von Zwangsarbeit in ihren Kolonien ermöglichten. Als die Sklaverei 1948 im vierten Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erneut verboten wurde, zeigte dies kaum Wirkung. Deshalb unterzeichneten 1956 vierzig weitere Staaten in Genf ein Abkommen zur Abschaffung der Sklaverei. Heute ist Sklaverei in keinem Staat der Welt mehr legal.

Allerdings ist die skrupellose Unterwerfung und Ausbeutung von Menschen damit leider immer noch nicht abgeschafft. Ganz im Gegenteil, denn in den letzten Jahren kann man vermehrt einen Trend beobachten, das verschiedene Witschaftszweige auf die Arbeit billigster Arbeitskräfte und „Zwang“ zurückgreift. Dieser „Zwang“ ist oftmals durch Armut, geringe Bildungschancen, regionalem gesellschaftlichen Zwang usw. begründet.

Altes Gesicht hinter neuen Masken

Die Sklaverei ist unheimlich wandlungsfähig, und ihr gräßliches Gesicht verbirgt sich unter vielen Masken. Sie existiert heute unter vielen anderen Namen, wie etwa Schuldknechtschaft, Zwangsarbeit, Vertragssklaverei, unbezahlte Kinderarbeit, Kindersoldaten oder Zwangsprostitution. Rein formal gesehen sind die modernen Sklaven freie Individuen. Doch in existentiellen Notlagen und aufgrund falscher Versprechungen werden Menschen in prekäre Arbeitssituationen gelockt und so zu Opfern von Sklavenhaltern. Manchmal wird Sklaverei sogar vererbt, wie man es in einigen Landstrichen Indiens oder Haiti’s immer wieder beobachten kann. Der US-amerikanische Soziologe Kevin Bales gilt als der weltweit führender Experte für Sklaverei. Gemäß seiner Definition ist die moderne Sklaverei die vollkommene Unterwerfung eines Menschen gegen seinen Willen unter Einsatz von Gewalt zum Zwecke der Ausbeutung. Am augenscheinlichsten erkennt man sie daran, dass diese Menschen ihrer Situation nicht entfliehen können. Die moderne Sklaverei braucht heute keine Ketten mehr, denn die Instrumente zur Aufrechterhaltung der Macht sind subtiler geworden: physische und psychische Gewalt, Entwendung von Dokumenten, Bedrohung anderer Familienangehöriger im Heimatland und Abhängigkeit von Drogen, usw. schaffen ein grausames System von Zwängen, aus dem es ohne fremde Hilfe kaum ein Entrinnen gibt.

Vielfach ist man der Annahme, dass die Gesetzte gegen Sklaverei heute nur mehr sog. totes Recht darstellen. Soweit man sich Sklaven als in Ketten liegend wie vor 200 Jahren vorstellen will, mag das vielleicht stimmen. Doch die Realität sieht, wie schon gesagt, anders aus. Die fehlenden rechtliche Grundlage sind für die modernen Sklavenhalter sogar ein Vorteil. Man kann so die „billige Ware“  völlig seiner Kontrolle unterwerfen, ohne eine wie immer geartete Verantwortung übernehmen zu müssen. Da die „Ware Mensch“ im Überschuss vorhanden ist, sind moderne Sklaven sehr günstig zu haben. Hatten vor 200 Jahren Sklaven noch einen Mindestwert vergleichbar mit einem heutigen gehobenen Mittelklassewagen, so stellen sie heute keinen großen Investitionswert mehr dar. Wurde damals noch auf eine halbwegs schonende Behandlung der Ware geschaut, so rechnet sich diese heute nicht mehr. Einen modernen Sklaven vor Krankheit oder Unfällen zu schützen, hat für den Sklavenhalter keinen Sinn. Es ist billiger, sie sterben zu lassen, wie das Beispiel eines folgenschweren Unfalls in diesem Jahr in Italien gezeigt hat. Der Nachschub an der potentiellen Ware Mensch ist ungebrochen. Daher ist auch, so traurig und entmutigend dies nun klingen mag, jegliche „Befreiung“ mehr oder weniger nur ein Schlag ins Leere. Denn wo etwa heute eine Zwangsprotituierte von der Straße geholt wird, stehen morgen schon mindesten drei neue. Diese waren nur zu oft schon in quasi „Warteposition“ irgendwo in einem „Lager“ der Menschenhändler.

Und schlußendlich ist niemand, der sagen könnte, dies Alles geht ihn nichts an. Denn auch wenn man meint, mit Sklaverei nicht zu tun zu haben, so arbeiten doch mindestens zehn Menschen irgendwo unter Zwang und prekären Verhältnissen dafür, dass wir hier so leben können, wie wir gerade leben.

Internationaler Tag für die Abschaffung der Sklaverei – ein Tag, der einem sehr nachdenklich stimmen sollte.

 

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